Bedenken und Kritik

Risiken beim Einsatz von RFID-Systemen bestehen nach Ansicht von Verbraucher- schützern hauptsächlich im Hinblick auf die Einhaltung von Bürgerrechten und der Privatsphäre. Durch Smartlabels können nicht nur Artikel sondern auch Personen eindeutig identifiziert werden. Persönliche Informationen über den Käufer eines Gegenstandes könnten gesammelt und auch weitergeben werden. Die Chips sind winzig klein und arbeiten kontaktlos, so dass der Verbraucher davon gar nichts mitbekommen würde. Datenschutzbeauftragte plädieren für Verfahren, die auf die Erhebung personenbezogener Daten verzichten. In Anwendungen, bei denen diese Daten unverzichtbar sind, fordern sie eine weittestgehende Verfahrenstransparenz und eine schnellstmögliche Löschung. Nach erfolgter Bezahlung muss es zusätzlich eine Möglichkeit zur Entfernung bzw. Zerstörung des Chips geben, hierauf muss auch ausdrücklich hingewiesen werden. Die Bürgerrechtbewegungen CASPIAN und FoeBuD fordern, dass die Auslesbarkeit von RFID-Tags im Laden enden muss.

Eine Zukunftsvision für den Missbrauch dieser Technik wäre eine Preisdis- kriminierung: Die alleinerziehende Mutter mit niedrigem Einkommen und ohne Auto bezahlt im Supermarkt um die Ecke einen höheren Preis als der Single mit Auto und hohem Einkommen. Sind die Kunden und deren Verhältnisse persönlich bekannt, weiß man auch das jene Mutter nicht genügend Zeit hat, um in der Stadt einzukaufen, und verlangt einen höheren Preis.

Ein weiteres, bekanntes Beispiel ist der Kunde, der ein Bußgeldbescheid erhält, weil im öffentlichen Stadtpark das Verpackungspapier eines Schoko-Riegels gefunden wurde. Das der Riegel an ein Kind weiter verschenkt wurde, spielt dabei dann keine Rolle mehr.

Den "Big-Brother-Award 2003" erhielt die Metro-Gruppe mit ihrem Pilotprojekt des Future-Store in Rheinberg. Obwohl der Konzern mit hoher Transparenz wirbt, wird nur ungenügend im Shop auf den massiven Einsatz von Funkchips, und den damit verbundenen Risiken für die Privatsphäre hingewiesen. Ebenso löscht der ?Deaktivator? die gespeicherten Daten nur unvollständig. Die Codenummer, die den Chip eindeutig identifiziert, und somit die eigentliche Gefahr darstellt, bleibt erhalten. Das die Kundenkarten ebenfalls mit RFID-Chips ausgestattet wurden, wurde nicht erwähnt und erst durch Röntgenaufnahmen entdeckt. Aufgrund der heftigen Diskussionen hat der Metro-Konzern im März 2004 diese Kundenkarten wieder eingezogen.

Gillette erprobt derzeit ebenfalls den Einsatz von RFID-Tags in amerikanischen Supermärkten. Durch den Diebstahl von Rasierklingen entstehen enorme Verluste, und so wurden für 500 Millionen Dollar Chips gekauft, um sie an diesem Produkt zu befestigen. Werden von einem Kunden mehr als drei Packungen aus dem Regal genommen, schießt das System sicherheitshalber ein Foto und schickt dieses an das Kassenpersonal, da dieses Verhalten als untypisch angesehen wird.

Der von europäischen Notenbanken vorgeschlagene Einsatz von Radiochips in Banknoten im Kampf gegen Geldwäsche und Fälscherei würde einen anonymen Einkauf von Anfang an ausschließen. Zudem könnten bei entsprechender Infrastruktur Bewegungsprofile von Kunden erstellt werden. Möglich wäre auch das Einnähen von Chips in Betriebsuniformen zu Überwachungszwecken. Ähnliches wird bereits im Staat New York praktiziert: eine Schule, in der die Schüler rund um die Uhr Halsketten mit Lichtbild und Funkchip tragen. Die Schulleitung kann so jederzeit die aufgewendeten Zeiten für Hausaufgaben und Spiel verfolgen.

Derzeit wird bereits an Geräten gearbeitet, die Funkchips aufspüren, lesen und unbrauchbar machen können. Eine Möglichkeit besteht aber auch im Einsatz eines Störsenders, doch müsste dafür eine gesetzliche Regelung geschaffen werden. Ein unkontrollierter Einsatz in einem Warenhaus könnte beträchtlichen wirtschaftlichen Schaden anrichten. Denkbar wäre aber ein Blocker-Chip, der nur das Abfragen bestimmter Labels stört.

Die Szenarien von Datenschützern mögen zwar irreal erscheinen, sie sind aber technisch machbar. Die technische Verwendung von RFID steht keineswegs schon fest.

Tommy Weber